Blickt man heute auf die Anfänge der Fotografie zurück, so verklärt sich oft der Blick, den man zurück wirft. Nur wenige wissen noch, wie alles wirklich begann …
Schon die alten Griechen kennen im vierten Jahrhundert vor Christus jenes Phänomen, das uns heute unter dem Begriff der camera obscura geläufig ist: Durch ein kleines Loch in der Wand fällt Licht in einen dunklen Raum und projeziert bei ausreichend kleinem Lochdurchmesser auf die gegenüber liegende Wand ein auf dem Kopf stehendes Abbild der Außenwelt.
Leonardo DaVinci ist der erste, der die Funktionsweise der camera obscura richtig deutet, die Weiterentwicklung der camera obscura zu einem transportablen Kasten erfolgt im 17. Jahrhundert.
Schon im 17. Jahrhundert ist auch bekannt, dass chemische Substanzen sich durch Sonnenlicht färben. Carl Wilhelm Scheele, aus Stralsund stammender Chemiker, entdeckt bei seinen Experimenten mit Silbersalzen, dass eine Schwärzung durch metallisches Silber verursacht wird. Ende des 18. Jahrhunderts finden die ersten nachweislichbaren Experimente zum Fixieren eines fotografischen Bildes statt. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts ist diese Nass-Technik so weit entwickelt, dass erste Fotos, so wie wir sie heute kennen, auf Papier angefertigt werden können – die älteste erhaltene Fotografie stammt übrigens aus dem Jahr 1826 und zeigt den Blick aus dem Arbeitszimmer von Joseph Nicéphore Niépce, einem der frühen Pioniere der Fotografie.
Doch bis zur heutigen Fotografie war es noch ein weiter Weg: Mit der Weiterentwicklung der Verfahren konnte die Belichtungszeit von anfänglich bis zu 15 Minuten auf etwa 20 Sekunden verkürzt werden. Die anfänglich einfache Lochkamera bekam Verschlusssysteme und später auch fotografische Objektive, die praktisch keine Verzeichnungen mehr aufwiesen. Neue Trockenverfahren der Fotografie und eine Verkleinerung der Kameras führen dazu, dass die Fotografie mobil wird. Da Fotoplatten nun auch gelagert werden können, wird eine industrielle Fertigung des fotografischen Aufnahmematerials möglich.
Mit einem Minimum an Standardisierung beginnt die Industrialisierung der Fotografie: Fotoapparate und Filmmaterial können in größerem Umfang industriell hergestellt werden, Fotoplatten werden schließlich durch eingekapselten Zelluloid-Film ersetzt, der einen Filmwechsel auch bei Tageslicht ermöglicht, und die Weiterentwicklung der fotografischen Emulsionen ermöglicht die Verkleinerung des Filmformats. Schließlich löst der digitale Sensor den Film ab …
Seit 2003 nimmt der Siegeszug der „digitalen” Fotografie seinen Lauf. Immer neue Kameramodelle mit immer höher auflösenden Sensoren zeichnen heute dank besserer Objektive immer detailreichere Bilder auf. Und doch behalten die „alten” Techniken ihren Reiz, wie die Bilder dieses Beitrags zeigen. Während das nebenstehende Bild mit einem 35mm-Objektiv entstand, wurde das
obere Bild mit einer einfachen Lochblenden-Konstruktion an einer digitalen Spiegelreflex-Kamera aufgenommen. Auch wenn es längst nicht so viele Details aufweist wie das mit einem Objektiv aufgenommene Foto, lässt sich das Motiv, das Gradierwerk im Kurpark von Bad Reichenhall, durchaus erkennen. Doch diese Fotos sind heute jedoch nur noch eine Spielerei innerhalb der Fotografie, einen wirklichen Wert haben sie nicht mehr.
Der „Tag der Lochkamera-Fotografie” wird übrigens immer am letzten Sonntag im April begangen. Und nein: Man braucht keine aufwändige Ausrüstung – ein lichtdichtes Behältnis (Schachtel, Dose, …) mit einem kleinen Loch in einer Seite als Kamera und eine lichtempfindliche Schicht als Aufnahmematerial sind völlig ausreichend. Alles andere ist purer Luxus …