
Große Themen unserer Zeit sind Nachhaltigkeit und Wertschätzung, aktuell vor allem bei Nahrungsmitteln. Die vielen Enthüllungen und Lebensmittelskandale – zuletzt der Skandal um die Zustände in großen Schlachtbetrieben – haben zu einem Umdenken in Bezug auf unsere Nahrungsmittel geführt. Auch wenn unsere Nahrungsmittel nach wie vor im Überfluss vorhanden sind, achten wir doch mehr darauf, woher sie kommen und unter welchen Bedingungen sie produziert werden – sind zur Not auch bereit, höhere Preise zu bezahlen. Trotzdem sorgt das übermäßige Angebot für günstige Preise.
Was sich bei Nahrungsmitteln so langsam durchsetzt, ist in der Fotografie noch lange nicht angekommen. Auch hier gilt, dass die ständige Verfügbarkeit von Fotos im Überfluss dazu führt, dass Fotos als etwas Selbstverständliches angesehen werden. Die Verbreitung über soziale Medien wie Facebook oder Instagram steigert darüber hinaus die Beliebigkeit und Austauschbarkeit von Fotos, mit der Folge, dass heutzutage kaum jemand bereits ist, für gute Fotos etwas zu bezahlen. Dabei sind die Kosten für die Produktion von Fotos unabhängig von ihrer Verwendung – egal, ob Event‑, People‑, Landschafts‑, Architektur- oder Produktfotografie.
Warum setze ich mich mit diesem Thema in einem Blogbeitrag auseinander?
Weil es ein Thema ist, das nicht nur mich, sondern eine Vielzahl von Kollegen betrifft, die sich mit ihrer Arbeit in Dienst von Sachen stellen, die sie unterstützen möchten.
Seit einem Jahr unterstütze ich mit meiner Arbeit eine Person, die sich nicht nur zurück ins Leben gekämpft hat, sondern Dinge angeht, die man nicht unbedingt von ihr erwartet. Mit dem, was sie macht, ist sie nicht nur ein ungemein motivierendes Vorbild für Menschen in einer vergleichbaren Situation – sie hat auch mich nachhaltig beeindruckt. Immer wieder haben wir zusammen fotografiert. Für mich war und ist es selbstverständlich, dass auch die Person, die ich mit meiner Arbeit unterstütze, die jeweils entstandenen Fotos von mir zu ihrer eigenen Verwendung erhält. Verbunden damit ist einzig und allein die Auflage, bei Verwendung der Fotos mich als Fotografen zu erwähnen und zu verlinken.
Zuletzt haben wir vor wenigen Wochen Aufnahmen für ihren Blog und eine Interview-Reportage gemacht. Selbstverständlich habe ich auch für diese Fotos – wie bei allen anderen Fotosessions davor – auf mein Honorar und die üblichen Spesen verzichtet. Doch noch bevor irgendeines dieser Fotos für die offiziellen Zwecke veröffentlicht war, waren einige Fotos bereits im Netz gepostet – ohne dass ich als Fotograf benannt war.
Um einmal zu verdeutlichen, was wir Fotografen mit unseren „honorarfreien” Fotos eigentlich verschenken, mache ich hier jetzt einmal die Rechnung auf, was eine solche Fotoproduktion kosten würde:
In den Shootings, die in den zwei Tagen fotografiert wurden, sind rund 500 Fotos entstanden, von denen vorerst 35 Fotos für die weitere Verwendung gemeinsam ausgesucht und vor mir nachbearbeitet wurden. Entsprechend meinem Tagessatz würde ich dafür ein Honorar von 3.750,00 EUR verrechnen. Dieser Tagessatz ist betriebswirtschaftlich ermittelt und deckt nicht nur anteilige Kosten für Equipment, Verbrauchsmaterial, IT-Hardware und Softwarelizenzen, sondern beinhaltet auch den Lohn für meine fotografische Tätigkeit und die Nachbearbeitung der Fotos am Computer. Die 35 Fotos setzen sich aus 7 Fotos für einen geplanten Blogbeitrag, 8 Fotos für die Verwendung u.a. in der Interview-Reportage sowie 18 Fotos beim Sporttraining zusammen.
Für die Nutzung der Fotos im Social Media Bereich würden je Bild rund 600,00 EUR Nutzungshonorar anfallen. Da die Verwendung im Blog einen gewerblichen Charakter hat, wäre hier für jedes verwendete Foto nochmals ein zusätzliches Nutzungsentgeld von 500,00 EUR, für die Verwendung in der Interview-Reportage für jedes der drei verwendeten Fotos ein Nutzungsentgeld von 1.000,00 EUR in Rechnung zu stellen. Dazu käme jeweils noch die Mehrwertsteuer von derzeit 19%.
Nur allein an Nutzungsrechten würde so ein Betrag von über 30.000,00 EUR für alle 35 Bilder zusammenkommen. Abgegolten wäre mit diesen Beträgen jedoch lediglich die Nutzung der Fotos für die vorgesehenen Zwecke für ein Jahr, eine weitergehende Nutzung über die ursprüngliche Verwendung hinaus müsste zusätzlich vergütet werden. Für jedes weitere Jahr Nutzung wären noch einmal 50% des ursprünglichen Nutzungshonorars zu zahlen.
Wer nun glaubt, das sind ja horrende Preisvorstellungen – diese Preise habe ich mir nicht aus den Fingern gesogen! Sie basieren auf den Honorartabellen der Mittelstandsvereinigung Fotomarketing (MFM), die diese jährlich auf Grundlage der gezahlten Honorare des Vorjahres neu ermittelt.
Bisher wurden sieben der in diesen beiden Shootings entstanden Fotos auf Instagram, fünf auf Facebook sowie vier in einer nicht öffentlichen Facebook-Gruppe verwendet, jeweils ohne meine Namensnennung. Nach der gültigen Rechtssprechung könnte ich in einem solchen Fall sogar das jeweils doppelte Nutzungshonorar je Foto einklagen.
Wenn ich zu hören bekomme, wie sehr man meine Arbeit schätzt, aber sehe, dass man es noch nicht einmal nötig hat, bei der Verwendung meiner Arbeit darauf hinzuweisen, wer diese Arbeit gemacht hat, dann ist es für mich mit der Wertschätzung meiner Arbeit nicht weit her. Für mich bestätigt sich in einem solchen Verhalten einmal mehr der Grundsatz „Was nichts kostet, ist nichts wert.”
Wie ich in Zukunft mit meiner Arbeit Projekte unterstützen werde, die mir persönlich wichtig sind, weiß ich im Moment noch nicht. Ich bin mir derzeit nicht sicher, ob es der richtige Weg ist, seine Arbeit für solche Projekte kostenfrei zur Verfügung zu stellen, wenn man feststellen muss, dass die getroffenen Absprachen hinterher die Gegenseite nicht mehr interessieren.
Auf der anderen Seite bin ich mir schon bewusst, dass ich damit so manch einem Projekt, das wichtig und unterstützenswert ist, die Möglichkeit nehme, sich einem breiteren Publikum repräsentativ darstellen zu können und von meinem KnowHow im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising zu profitieren.
Wie seht Ihr dieses Problem? Arbeitet auch Ihr für Euch wichtige Projekte, ohne Honorare zu berechnen? Oder unterstützt Ihr solche Projekte auf einem anderen Weg?
Lasst es mich wissen und hinterlasst einen Kommentar …